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Rückenschmerzen wegschlafen?


Für viele Rückenpatienten bedeutet die Nacht eine Qual: statt sich nächtlichen Träumen hinzugeben, wird allein die Vorstellung des Schlafens zum Alptraum. Beim Schuhkauf, beim Einkauf eines Sitzmöbels sind die Empfehlungen sogenannter Experten oft konträr, wobei modische Aspekte häufig den biodynamischen Forderungen leider den Rang ablaufen. Noch viel schlimmer ist es, wenn sie einen sogenannten Fachmann befragen, welche Schlafunterlage für ihn wohl die beste sei. Seit alters her gilt der Spruch: Wie man sich bettet, so schläft man, wobei tatsächlich die Qualität und die Anforderung an die Schlafunterlage sich in den letzten Jahren einer doch deutlichen und glücklicherweise vernünftigen Wandlung unterzogen haben.

Wenn noch vor 30 Jahren die Meinung auch unter Orthopäden vertreten wurde, daß die beste Matratze eine harte Matratze sei, so hat sich durch Messungen, Untersuchungen und entsprechenden Trends diese mittelalterliche Vorstellung zum Glück nicht halten können.


Warum wird nachts die Schlafhaltung so häufig gewechselt?


Schlafforscher haben in vielen Untersuchungen festgestellt, dass jeder Mensch ein eigenes Schlafverhalten hat. Gemeint ist damit die Bevorzugung bestimmter Körperhaltungen während des Schlafes, z.B. Rückenlage, Seitenlage, Bauchlage oder die sogenannte Embryohaltung. Trotz dieser bevorzugten Schlafhaltung wird in Abhängigkeit von der Bequemlichkeit der Unterlage während des Schlafs diese bevorzugte Stellung mehrfach gewechselt. Auf einer normalen, „Bandscheibenmatratze“ beträgt die Frequenz des Wechsels von einer Schlafposition in die andere etwa 70 Mal pro Nacht. Die Ursache für das Wechseln sind Druckreize auf die Nervenendigungen der Haut, wobei die Rezeptoren hierbei den Zweck verfolgen, durch Bewegungsreize und Verlagern des Körpers die belastete Hautpartie nunmehr zu entlasten. Dies geschieht bei gesunden Menschen zu einem Zeitpunkt, wo die Druckreize noch so unterschwellige Schmerzinformationen liefern, dass sie während des Schlafes noch nicht zum Bewußtsein vordringen und der Schlafende durch das Umwenden von einer Position in die andere nicht aufwacht. Somit ist erklärlich, dass ein bewegungsfähiger, motorisch nicht gestörter Mensch in Anhängigkeit von der Unterlagenhärte ohne aufzuwachen sich während des Schlafs so häufig wie oben angegeben dem Lagewechsel unterziehen kann und hierbei nicht jedes Mal aufwacht. Wählt man eine äußerst komfortable und den Körperformen weitgehend angepasste Unterlage, so kann man feststellen, dass die Frequenz der Lagewechsel deutlich abnimmt. Bei sehr gut konstruierten Schlafunterlagen beträgt die Frequenz des Umwendens dann nur noch 15-20 Mal pro Nacht. Ist die gewählte Schlafunterlage besonders hart, im Extremfall etwa beim Schlafen auf dem blanken Fußboden, so ist die Polsterfunktion einer Schlafunterlage nicht mehr gegeben und der Auflagedruck wird in kurzer Zeit so stark, dass der Betreffende sich ständig, d.h. in wenigen Minuten Abstand einem Lagewechsel unterziehen muss. Würde der Mensch sich einem solchen Lagewechsel nicht unterziehen, wie dies etwa bei querschnittgelähmten Menschen der Fall ist, so würde es nach sehr kurzer Zeit zu Durchblutungsstörungen an den Auflagestellen kommen, die schließlich zu Druckgeschwüren und Absterben von Weichteilgewebe führen. Dieses gefürchtete „Aufliegen“ ist ja eines der besonderen Probleme bei pflegebedürftigen oder teilgelähmten Patienten.

Junge Menschen, die etwa im Urlaub aus Zwängen heraus einmal eine Nacht auf dem Fußboden schlafender Weise zubringen mussten, wissen, dass man zwar schlafen kann, dass aber der Schlaf unruhig ist und man sich am nächsten Tag tatsächlich wie gerädert fühlt.


Wirbelsäuleninstabilität und gestörter Nachtschlaf


Orthopäden wissen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Erwachsenen unter sogenannten segmentalen Instabilitäten der Wirbelsäulen leidet. Dies bedeutet, dass der Quelldruck der zwischen den Wirbelkörpern lokalisierten Bandscheiben niedriger als normal ist und damit eine tangentiale Verschieblichkeit der einzelnen Wirbel gegeneinander zulässt, die im Prinzip vom Bauplan her nicht vorgesehen ist und sich als schmerzhafter Störfaktor auf diese Zonen auswirkt. Menschen mit solchen segmentalen Instabilitäten haben beim Umdrehen im Bett häufig erhebliche lokale Rückenschmerzen, die sich auch beim Aufstehen während der ersten Schritte nach dem Verlassen des Bettes besonders schmerzhaft bemerkbar machen.

Wenn ein Betroffener mit einer solchen Wirbelsäuleninstabilität nun jedes Mal nachts durch das Umdrehen wegen der Schmerzen aufwacht, so wirkt sich eine Schlafunterlage mit ungünstigen Konstruktionsmerkmalen verständlicherweise extrem dramatisch aus. Der Betreffende wacht bei jedem Umdrehen vor Schmerzen auf, manchmal findet er nicht sofort wieder in den Schlaf zurück und so entsteht ein unruhiger und wenig erholsamer Schlaf, der verständlicherweise die Schlafqualität insgesamt erheblich minimiert und damit auch das tägliche Leistungsniveau herabsenkt. Wer unausgeschlafen täglich seiner Arbeit nachgehen muß, weiß wovon hier gesprochen wird.

Verständlicherweise kann man einen solchen Schmerzpatienten durch das Angebot einer richtigen Schlafunterlage eine Schlafqualität anbieten, die das Zubettgehen nicht mehr zum Schreckgespenst werden lässt .


Forderung an eine richtige Schlafunterlage:


Eine vernünftige Schlafunterlage, die eine möglichst geringe Änderung der Schlafhaltung fordert, muss verschiedenen Anforderungen genügen: Die Unterlage muß der natürlichen Körperform, also den Körperausbuchtungen und den Einziehungen Rechnung tragen können. Beim Seitliegen auf der Schulter und der Beckenpartie müssen diese Körperprominenzen die Möglichkeit haben, tiefer einzusinken als etwa die Taillenregion. Dies kann einmal durch eine unterschiedlich aufgebaute Weichheit der Matratze selbst, zum anderen auch durch eine entsprechende Konstruktion, etwa des Lattenrostes bzw. des Bettenunterbaus herbeigeführt werden. Im Prinzip geht es also eigentlich gar nicht unbedingt darum, die Komfortabilität durch eine ausschließliche „Weichheit“ der Matratzenstruktur zu gewährleisten, sondern vielmehr darum, den Auflagedruck des Körpers an allen Stellen etwa gleich hoch zu halten und damit den punktuellen Druck auf bestimmte Körperpartien zu vermeiden. Andererseits ist es notwendig, die natürlichen Körperformen, wie Brustkyphose und Lendenlordose auch im Liegen weitgehend beizubehalten.

Eine harte, unnachgiebige Matratze erfüllt solche Anforderungen in keiner Weise, so dass solchen Empfehlungen generell heftig widersprochen werden muss. Der früher oft gehörte Ratschlag, bei Rückenschmerzen ein Brett ins Bett zu legen, hat zu vielfachen Missverständnissen geführt. Ursprünglich entsprang die Empfehlung aus der Konstruktion vieler Bettgestelle, die für den Darauf Liegenden einen gewissen Hängematteneffekt erzeugten. Dieser Durchhänge-effekt veränderte die Grundhaltung des Körpers in vielen Fällen so entscheidend, dass dadurch zunehmend mehr Beschwerden und Fehlhaltungen hervorgerufen wurden, als wenn man unter die Matratze ein stabilisierendes Brett platzierte. In der typisch deutschen Gründlichkeit verstanden viele mit der Aufforderung: Brett ins Bett den Hinweis, dass man sich auf das Bett legen sollte, statt dieses unter die Matratze zu platzieren. Die uralte preußische Vorstellung des: Gelobt sei, was hart macht, feiert z.T. auch heute noch fröhliche Urstände bis hinein in unsere Schlafzimmer. Sind wir doch mal ehrlich: selbst bei aufwendigem Hausbau und großzügiger luxuriöser Einrichtung unserer Neubauwohnungen wird letztlich beim Einrichten des Schlafzimmers unglaublich geknausert und gespart. Dies ist im übrigen in den eigenen vier Wänden nicht anders als in einem normalen Hotelbetrieb. Fünf-Sterne-Hotels mit überschießendem Luxus an Interieur sparen häufig unglaublich an dem, was den Schlaf ei-gentlich erholsam macht, nämlich an den Schlafunterlagen. Natürlich ist eine gute Schlafunterlage teurer als das, was man als „Schnäppchen“ so nebenbei mitnimmt. Wenn Sie bedenken, dass Sie 1/3 Ihres Lebens im Bett zubringen und die Lebensqualität davon abhängt, wie gut Sie das erste Drittel zugebracht haben, so sollte man eigentlich hier nicht am falschen Platz sparen. Wenn heute Ihr Fernsehgerät den Geist aufgibt, so sind Sie zwar murrend, aber sofort bereit, 2.000 oder 3.000 DM für ein neues Gerät auszugeben. Dieses hält vielleicht wieder 5 oder 6 Jahre, bis der nächste Defekt eintritt. Für eine wirklich gute Schlafunterlage geben Sie wesentlich weniger aus als für ein teures Fernsehgerät, dafür hält die Schlafunterlage aber auch ein Leben lang, was man von einem Fernsehgerät wahrlich nicht behaupten kann.

Die oben genannten Ausführungen über das bequeme Liegen und die Chance, sich möglichst wenig umzudrehen, betrifft nahezu alle Rückenschmerzpatienten mit Ausnahme der Bechterew-Patienten. Hier hört man immer wieder, dass der Bechterew-Patient es bevorzugt, eine unbequeme Matratze zu benutzen, weil er dadurch gezwungen ist, sich besonders häufig umzudrehen. Der Bechterew-Patient hat im Vergleich zu anderen Wirbelsäulenerkrankten das Bedürfnis, die Schmerzen an bestimmten Körperpartien durch Bewegung zu vermindern. Die alte Forderung: „Bechterewler brauchen Bewegung“ projiziert sich verständli-cherweise auch in die Situation des Liegens.


Kopfkissen oder Nackenkissen?


Wenn die bisherigen Ausführungen sich auf Schmerzen der Lenden- und Brustwirbelsäule bezogen, so spielt die auftretende Schmerzhaftigkeit der Halswirbelsäule sowie Kopfschmerzen während der Nacht eine nicht minder große Rolle. Viele Patienten, speziell ältere, beklagen morgendliche Nacken-schmerzen sowie migräneartige Hinterkopfschmerzen. Ursache für das häufige Auftreten dieser Schmerzsymptome ist die falsche nächtliche Lagerung des Kopfes bzw. der Halswirbelsäule.

Wenn Sie einen Liegenden von der Seite anschauen, so erkennen Sie zwi-schen Schultern und Hinterkopf eine brückenartige Einstellung der Halswirbelsäule, die nächtens durch eine Unterlage abgestützt werden soll. Das aus Großmutters Zeiten stammende lockere Federkissen ist hierfür leider ungeeignet, auch wenn es sich sehr komfortabel anfühlt. Die Widerstandsgebung ist bei einer solchen federgefüllten Kissenpracht einfach zu wenig, um der Halswirbelsäule beim Darauf Liegen Unterstützung zu gewähren. Die im Handel häufig angebotenen kleinen Rollen oder Spezialkopfkissen erfüllen in vielen Fällen einen besseren Zweck, sind aber manchmal zu groß, ein anderes Mal zu klein, um tatsächlich den individuellen anatomischen Ansprüchen des Betreffenden zu genügen. Außerdem sind diese Kissen in aller Regel unverhältnismäßig teuer, wenngleich die Schaumstoff-Füllung im Prinzip nur wenige Mark wert sind. Wie ist hier Abhilfe zu schaffen?

Man muss sich im Prinzip von der Vorstellung frei machen, dass der Kopf ein Kissen benötigt. In Wirklichkeit ist es der Nacken. Dementsprechend soll das verwendete Kissen endlich von seiner überdimensionalen Größe auf eine vernünftige, etwa 30 x 50 cm große, gewölbte Fläche reduziert werden. Wer mit einem solchen schaumstoffgefüllten Kissen alleine nicht zurecht kommt, kann sich behelfen, wenn er zusätzlich ein „Hanserl“ verwendet, also ein kleines etwa 20 x 20 cm großes Kissen, das er sozusagen als Zusatzpolster in den Nacken platziert, um damit die für ihn jeweils beste Unterstützung herbeizuführen. Nach kurzer Zeit gewöhnt man sich mit einem solchen Hanserl an, dieses im Schlaf automatisch immer so zu platzieren, wie es gerade am angenehmsten ist. Ein Großteil der früher aufgetretenen Nacken- und Kopfschmerzen läßt sich auf diese Art und Weise verhindern, ohne dass immer aufwendige oder teure Spezialnackenkissen gekauft werden müssen.

© 2013 Dr. med. Thomas Laser

Zusatzliteratur:

1. Tom Laser: Bandscheibenleiden. Ein Leitfaden für alle mit Kreuzschmer-zen, Zuckschwerdt-Verlag.
2. Tom Laser: Nicht immer die Bandscheibe, 3. Auflage, Zuckschwerdt-Verlag